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Plötzlich
zieht sich alles zusammen. Die Welt ist ein dunkles Teilchen in der
Materie. Als griffe eine Hand in dein Inneres und schließe sich brutal
zur Faust um deinen Dickdarm, um dann nach hinten zur Wirbelsäule zu
drücken. Alles in dir reißt.
Du
versucht, dich dagegen zu wehren. Du willst die Faust wieder lockern.
Einatmen und Ausatmen. Schließe die Augen und versuche, dich auf ein
schönes Bild zu konzentrieren, lehne deine Stirn gegen eine kalte
Scheibe. Einatmen und Ausatmen. Stelle dir den Gipfel eines
Wolkenkratzers vor und dir zu Füßen eine endlose Landschaft aus
Häuserreihen, die am Horizont von einem Ozean verschluckt wird. Stelle
dir vor, du bist alleine und die Wolken über dir fließen wie ein Strom
von grauem Zement über dich hinweg, dorthin, von wo du weg willst, in
ein schwarzes Loch, in dem alles Form und Farbe verliert.
Du
musst den Blick auf den Horizont gerichtet halten und den Boden unter
deinen Füßen spüren, verfolge nicht den Wolkenstrom mit deinen Augen,
versuche nicht ihn zu fühlen. Nach vorne, immer nach vorne auf dem
festen Grund.
Aber
es tut weh, dein Atem stemmt sich gegen deinen Brustkorb und droht
durchzubrechen, er weht um dein Herz und reißt an den Arterien, wird
von einer Membran an die nächste geschleudert, bauscht sich auf,
beschleunigt die zitternde Luft in deinem Brustkorb und mit beiden
Händen versuchst du deinen rasenden Puls zu regulieren. Alles will mit
den Wolken schweben. Der Orkan in dir lässt alles anschwellen und deine
Haut wird dünner und dünner. Du liegst verwundbar und offen und deine
Augen sind weiße Kugeln in einem dunklen Gesicht, zwei grelle Planeten,
um die herum alles zerfließt, der Zement zerfließt, der Wolkenkratzer
verliert die Konturen, verwischt und löst sich auf, die Häuser stürzen
in den Ozean und alles erlischt. Schwarz.
Du
kannst nicht mehr stehen und musst dich setzen. Um dich herum schließt
sich der Raum und ein Rauschen geht durch deinen ganzen Körper. Du
fühlst dich überanstrengt und erschöpft und musst deinen Kopf zwischen
die kalten Finger stemmen, aber deine Kuppen fühlen sich fremd an, als
du sie in deine Schläfen bohrst und durch das Rauschen hörst du deinen
gehetzten Atem.
Du
willst alleine sein, denn deine Augen sehen jetzt nach Innen und deine
Stimme vibriert durch deinen Schädel und alle Kommunikation beschränkt
sich auf die Zwiesprache mit Mr. Sub. Er sagt:
- Du willst nicht.
Aber du antwortest:
- Oh doch.
Mr.
Sub lacht höhnisch und du trittst verzweifelt nach ihm aus, während du
schreist und dir die Ohren zuhältst. Der Orkan in dir verformt sich von
einem Kegel zu Mr. Subs grauen Lippen und sie bewegen sich, öffnen sich
erst zu einem Oval, erstarren dann kurz und schließen sich über einem
Kreis. Und noch einmal: Erst das Oval, das Verharren, ein Kreis und
geschlossen - Oval, Verharren, Kreis, Stumm
Schließlich
kannst du dich nicht mehr dagegen wehren und deine Lippen beginnen sich
ebenfalls zu bewegen, deine Stimme erhebt sich über dem Heulen und
Rauschen:
- Warum... Warum... WARUM...
Warum
bist du, wo du nicht sein willst und warum tust du, woran du nicht
glaubst? Warum gehst du, wenn du stehen willst und warum sprichst du,
wenn es nichts zu sagen gibt?
- Ich weiß es nicht!
Du schlägst die Stirn gegen die Knöchel deiner geballten Fäuste und schreist weiter:
- Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht!
Warum
bist du, wer du nicht sein kannst und warum liebst du, was nicht lieben
kann? Warum lügst du, um zu behalten, was wertlos ist und warum
schweigst du, wenn die Wahrheit sprechen will?
- Hör auf!
Warum
bleibst du, wo du unerwünscht bist und warum meidest du das Echte?
Warum setzt du alles daran, das Warum nicht zu ertragen? Warum?
- Oh Gott.
Und
du schaust hinaus auf die verschneiten Straßen, du verfolgst den
aufsteigenden Rauch aus den Schornsteinen. Du schaust auf deinen
Kalender mit dem goldenen Stern auf dem Blatt und das rote
Plastikrechteckchen auf der Nummer 24, das deine Mutter sorgfältig am
Morgen vorgerückt hat, so dass der schwarze Rand des Kästchens komplett
von Rot bedeckt ist. Du denkst das Wort „Weihnachten“, aber es bedeutet
nichts.
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